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19.09.12

Mit anderen Mitteln: »Gegen Ende«

Instrumente vor Schimmelwand. Münster im Juli 2012


»Songs can go a million different ways.« Das sagt Lee Ranaldo und es stimmt. Als Weini uns fragt, ob wir ein Stück für seine 12“-Compilation beisteuern wollen, haben wir eigentlich vor, einen Song vom Album mit elektronischen Mitteln zu reinterpretieren, weil doch all die neuen Songs, an denen wir gerade schreiben, schon für die nächste Platte bestimmt sind. Ohnehin wollten wir so was von Anfang an ausprobieren: Auch mal was ohne den uns vertrauten Instrumenten machen. Und sowieso immer: Unvermögen zulassen. Lee meint ja auch: »The thing is, for me it's the process that's the most fantastic part.« Darum geht’s.
Erst vor kurzem erstand Pogo einen Bass-Synthesizer und so ist uns die Idee, das unbekannte Terrain zu erkunden, gerade wieder ins Gedächtnis gerufen. Außerdem fällt Pogo ein, noch irgendwo dieses Vierspurgerät der Marke TASCAM herumliegen zu haben. Das schien uns nur fair: Für jeden eine Spur. Das Ding wird also entstaubt. Ich füttere meinen Roland-Sampler mit den klassischen 808-Sounds und programmiere ein paar Beats – noch im Glauben, das Grundgerüst für »Was man sich selbst verspricht« zu errichten. Wenig später aber entdeckt Pogo ein Faible für den analogen, knarzigen Sound seiner Novation Bass Station und kippt das Vorhaben im zweiten Take. Wir sind begeistert! Pascals Synthie fügt Atmosphäre und Abwechslung hinzu. Wie immer schüttelt er seinen Anteil scheinbar mühelos aus dem Ärmel. Dann Planänderung: Hendrik erhält von ganz oben die Erlaubnis, seinen Gesang digital aufzunehmen. Ein erster Take wird kontrovers diskutiert und findet keine Mehrheit. Der Zweite: Hendrik intoniert einen Dialog und hinterlegt ihn mit einem geisterhaften Backgroundgesang, der sich vorm Pop nicht scheut. Nehmen wir. Der Säbelzahntiger soll's jetzt wieder mischen, aber wir kriegen die Instrumentalspuren einfach nicht einzeln vom Gerät. Er muss also mit unserem Mix vorlieb nehmen. Wir sind erstaunt, dass er dennoch so viel mehr Druck herausholen kann. Aber er ist ja nicht umsonst B5-Mitglied. »Authentisch 80er«, meint am Ende irgendwer. Und da ist sie wieder, diese Frage: wie »authentisch« und/oder wie »retro« man denn eigentlich sein möchte. Wir lassen die Frage im Raum stehen – das Feeling ist gut.
Der von uns hoch geschätzte Max Rieger, unter anderem aktiv in der Gruppe Die Nerven, die jetzt auch zu unseren »Labelmates« zählt, erklärt sich bereit, ein Video zusammenzuschneiden, das seinem Verfahren nach wohl nicht zufällig jenem von The29Nov Films ähnelt (oder doch?). Die Bilder entstammen dem Exploitationfilm »Sex Madness« von 1938, laut Wikipedia auch bekannt unter dem noch schöneren Titel »Human Wreckage, They Must Be Told«, und bilden einen erstaunlich passenden Widerpart zum Song, ohne aber das Gesungene redundant zu illustrieren. Danke, Max!

»Gegen Ende« erscheint Anfang Oktober auf einer This Charming Man Records-12“-Compilation neben neuen Stücken von Kadavar, The Tidal Sleep und BLCKWVS anlässlich drei Labelabenden in Münster, Hamburg und Berlin.

– Philipp


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